Genuss

Unterwegs Weine entdecken

Rhone Delta Weinanbaugebiet

Kennst Du das auch, dass Freunde einem manchmal eine Einkaufsliste mitgeben mit den Worten „ach, wenn Du schon zu… fährst, bring mir doch bitte xy mit.“ Was macht man da? Sich über die Wendung des Schicksals freuen! Juhu, endlich ein Grund, die Autobahn zu verlassen, endlich Neues entdecken. Genau, dann plaudere ich jetzt mal aus dem Nähkasten, denn im Sommer erging es uns so.

Roadtrip im Rhonetal in Südfrankreich

Hinter Lyon in der Mitte von Frankreich wird die Autobahn lang. Bis zur Küste sind es noch einige Stunden und eigentlich machen die Landschaften links und rechts der Autobahn Lust auf Entdecker-Touren. Umso mehr freute mich der Anruf von Freunden mit dem Tipp, ein Weingut in Cairanne zu besuchen:

Domaine Eyverine in Cairanne

Juhu, wie schön. Kurzum ließen wir die Autobahn hinter uns, gaben im Navi ein Zwischenziel ein und die Entdeckerreise ging los: Cairanne – ein Weindorf mit rund 1000 Einwohner im Département Vaucluse in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur liegt auf einer Anhöhe, der Blick geht bis Orange und so könnte ich mir das Paradies vorstellen: Ruhe, Zickaden zirpen in der heißen Mittagssonne und es ist wie Musik in den Ohren. Anfang September, das Winzerpaar ist gerade mitten in der Weinlese und die Trauben werden frisch gepresst. Der Wein wird nach der Pressung in Beton-Tanks gelagert, erfahren wir bei der Führung durch das Weingut. Zur Probe stand auch gleich noch ein knackiger Weißwein auf dem Tisch und gut, dass wir viel Platz im Kofferraum hatten, denn ein paar Kisten wechselten den Besitzer. Die sympathische Winzerin Caroline bittet uns direkt zur Weinprobe und wir genießen die Pause inmitten der Reben. Es ist einfach traumhaft schön dort in Cairanne und der Wein ist großartig. Das Weingut achtet auf ökologische Bewirtschaftung und hat auch Bio-Zertifikate vorzuweisen, nämlich: AOC CAIRANNE & Côtes du Rhône-Villages. Sehr sympathisch! Die Weine heißen zum Beispiel Desir, Passion, Elegance und Charme.

Wein-Entdeckungen entlang des Rhone-Tals

Garnicht weit davon entfernt kannte ich bereits ein weiteres Weingut, das einen wunderbaren Rotwein produziert Warum nicht dort vorbei fahren und eine weitere Weinprobe machen? So lerne ich am liebsten neue Weine kennen – durch Zufall, durch Tipps von Freunden und ja, ich lass mich immer wieder gerne von anderen inspirieren:

AOC Côtes du Rhône Villages, 2019, Ferraton Père et Fils

Das Weingut Ferraton Pere et Fils in Tain-l’Hermitage ist ein Bio-Weingut (den Côtes du Rhône Villages Bio gibt’s auch im Onlineshop). Wir verkosten einen dunklen Rotwein aus dem Jahre 2019, der besteht zu 55% aus Syrah, und 45% Grenache noire. Die Trauben wachsen auf den nördlichen Hängen im Gard district. Die Winification wird auch hier im Betontank durchgeführt – ein gängige Methode in der Region, und auch später verbleibt der Wein im Betontank.

Das Ergebnis ist ein dunkler, rot bis lila wirkender Rotwein, der an dunkle Beeren erinnert und doch ganz trocken und dicht schmeckt. So intensiv, dass man nichts weiter dazu haben möchte, also vielleicht ein prasselndes Kaminfeuer. Der Wein hat die ganze Intensität der südfranzösischen Sonne ins sich verarbeitet und strahlt im Glas. Immerhin 15% Alkohol.

Noch mehr dunkle Rotweine aus Südfrankreich

Die Domaine Grand Nicolet in Rasteau, ebenfalls im Rhonetal, hat einen Cuvée aus Grenache noir 60%, Syrah 20%, Carignan 10%, Cinsault 10% in die Flasche gefüllt, der nicht ganz so tiefdunkel ist und somit in meinen Augen ein wunderbarer Speisebegleiter darstellt und mir auch noch besser gefällt als diese tiefdunklen, beerigen Rotweine, doch das ist ja alles Geschmacksache. Die Reben wachsen in Süd-Ost Ausrichtung, die Gesteinsfarben in Rot- und Gelbtönen des Kalkstein. Der Winzer nutzt organischen Bodendünger, die Trauben werden mit der Hand gelesen, dann von den Rispen entfernt und für 20 Tage fermentiert. Auch hier werden die Weine in Beton-Tanks gereift. Spannend! Auf jeden Fall nehmen wir gerne eine Kiste von dem Cuvée mit: AOC Côtes du Rhône, 2019, Domaine Grand Nicolet

Weinreise durch’s Rhonetal

Da fährt man ein paar Hundert Kilometer und schwubbs, heißen die Weine schon ganz anders. Nicht nur die Roten, auch die Weißweine, denn statt Riesling wächst hier: Viognier, Roussanne, Marsanne, White Grenache, Clairette – um nur ein paar der blumigen der Weißweintrauben zu nennen.

Der neue Jahrgang

Während ich diesen Beitrag erstelle, kommt die Pressemitteilung aus dem Rhonetal und berichtet von einem ganz besonderen Jahrgang 2021, denn auch im Rhonetal gab es fürchterliche Unwetter und so war die Lese eine Zitterpartie. Die diesjährigen Klimabedingungen haben es den Winzerinnen und Winzern in den Weinbergen des Rhônetals nicht leicht gemacht: Frost, Hagel und Regen haben die Region nicht verschont und für einige Betriebe schlimme Folgen mit sich gebracht. Dieser Jahrgang wird in Erinnerung bleiben. Nicht nur, weil er so untypisch ist, sondern auch, weil er qualitative, frische, üppige und schmackhafte Weine hervorbringen wird – trotz der in 2021 für Frankreich und den Rest der Welt so üblichen sehr unterschiedlichen Mengen.

Ob Weiß-, Rosé- oder Rotweine: das Jahr 2021 ist in den Weinbergen des Rhônetals von Qualität geprägt. Strukturiert, elegant, frisch und fruchtig sind die wichtigsten Schlagworte für diesen neuen Jahrgang. Die Qualität ist äußerst zufriedenstellend, mit einem guten natürlichen Säuregehalt und einer ausgezeichneten Balance, trotz der geringeren Erträge in einigen Teilen des Weinbergs, die auf die schwierigen Wetterbedingungen zurückzuführen sind.

Die Weinlese 2021 in den Weinbergen des Rhônetals fand relativ spät statt und erstreckte sich über einen längeren Zeitraum. Zudem fiel sie in den Parzellen und Gebieten der zweitgrößten französischen AOC sehr unterschiedlich aus. Am Montag, den 30. August, begannen die ersten Weingüter mit der Weinlese, 10 Tage später als im Jahr 2020. Um für jeden den optimalen Zeitpunkt für die Lese möglich zu machen, erstreckte sich die Lese bis in den Oktober hinein.

Philippe Pellaton, Präsident von Inter Rhône, zeigt sich erfreut über die Qualität mit einem zufriedenstellenden phenolischen Reifegrad: „2021 ist ein Jahrgang von bemerkenswerter Qualität, der Gesundheitszustand der Weinberge ist sehr gut, obwohl es ein untypisches Jahr war. Der Grenache bringt elegante Weine hervor, die aus einer schönen und ausgewogenen Ernte stammen; der Syrah ist in der Regel etwas großzügiger und bringt frische und harmonische Weine hervor“. 

Exzellente Ausgewogenheit im Norden mit bemerkenswerten Weinen

Trotz der diesjährigen klimatischen Widrigkeiten (Frühjahrsfrost, reichlich Regen, gelegentlicher Hagel) bestätigen die Winzer und Winzerinnen im nördlichen Teil des Weinbergs die gute Widerstandsfähigkeit einiger Rebstöcke an. Andere Parzellen hingegen litten sehr unter den Bedingungen, was zur großen Heterogenität dieses Jahrgangs führt. Die geernteten Trauben jedoch sind gesund und weisen eine ausgezeichnete Reife auf.

Michel Chapoutier ist dankbar für diesen untypischen Jahrgang und bezeichnet ihn sogar als Glücksfall: „Wir kehren zu den klimatischen Bedingungen zurück, an die wir in den 90er Jahren gewöhnt waren, mit kühleren Temperaturen und späterer und weniger fortgeschrittenen Reifegraden der Trauben. Ich weise immer gerne darauf hin, dass der Jahrgang ein Spiegel des Klimas ist, welches in Verbindung mit dem Boden und dem Menschen das Terroir definiert. In diesem Jahr zeigen die Appellationen Hermitage und Saint-Joseph bereits ihren typischen pfeffrigen und würzigen Charakter mit einem zurückhaltenden Fruchtprofil. Mineralische Jahre wie 2021 heben die Besonderheiten des Bodens hervor.

Dieser untypische Jahrgang ist eine Chance! Er bietet den Konsumenten und Konsumentinnen die Möglichkeit, die Auswirkung von Klima und Terroir auf den Wein zu verstehen“.

Es wurde bereits das schöne Gleichgewicht der Traubenmoste zwischen potenziellem Alkohol und Gesamtsäuregehalt festgestellt. Im nördlichen Teil der Weinberge wird ein besonders eleganter und finessenreicher Jahrgang 2021 erwartet.

Der Viognier entwickelt sich gut, mit einer schönen Frische, einem lebendigen aromatischen Charakter und guten pH-Werten“, erklärt Christophe Pichon, Co-Präsident der Appellation Condrieu. „Die Weißweine weisen eine schöne Reife auf und haben mehr Säure als in den Vorjahren. Wahrscheinlich werden wir leichtere Weine haben, weniger großzügig und sonnenverwöhnt. Diese Weine könnten mehr dem entsprechen, was die Verbraucher suchen“.

„In der AOC Côte-Rôtie ist die Ernte qualitativ wirklich hochwertig, was den Markt zweifellos erfreuen wird. Das ist vor allem auf das schnelle Handeln der Winzer*innen zurückzuführen, die Ernte rechtzeitig und unter guten hygienischen Bedingungen einzubringen“, ergänzt Philippe Guigal. 

Yann Chave fügt hinzu: „In der AOC Crozes-Hermitage wird 2021 ein außergewöhnlicher Jahrgang für Weißweine mit einer ausgezeichneten Balance und einem bemerkenswerten Säuregehalt sein. Bei den Rotweinen wird der Jahrgang charmante und angenehme Weine hervorbringen, mit moderater Länge und abgerundeten Tanninen“. 

In der AOC Saint-Péray „ist der Gesundheitszustand der Weinberge mehr als zufriedenstellend. Dank der Niederschläge und der ausgezeichneten Erntemenge konnten einige höher gelegene Weinberge die frostbedingten Ausfälle kompensieren. Dank des guten Wetters gegen Ende der Vegetationsperiode konnten die Trauben einen guten Reifegrad erreichen. Der Jahrgang dürfte sich durch sein Zucker-Säure-Gleichgewicht auszeichnen. Ein schönes Jahr, um die Frische der Weine von Saint-Péray zu präsentieren“, meint Benoit Nodin, Präsident der Appellation Saint-Péray. 

Leichtere und fruchtbetonte Weine im Süden

Die südlichen Teil der Weinberge freuten sich Anfang September über die kühleren Temperaturen und die Niederschläge. Die ersten Verkostungen der Weine in den Fässern sorgten für schöne Überraschungen bei den Weiß- und Roséweinen. Die Rotweine sind fruchtig, mit einem um 1° niedrigeren Alkoholgehalt als in den Vorjahren.

In Beaumes de Venise kommentiert Xavier Vignon, Co-Präsident der Appellation, die Lage: „Dank des schützenden Einflusses der Dentelles de Montmirail und des günstigen Temperaturgefälles zwischen den tiefer und höher gelegenen Weinbergsparzellen der Cru sind die Weine von Beaumes de Venise vom Frost verschont geblieben. Wir rechnen mit großzügigen Weine von sehr guter Qualität, Konzentration, Tiefe und gutem Säuregehalt. Die Muscats strotzen bereits vor Aromen und die Rotweine zeigen eine große Persönlichkeit, auch wenn sie, bis sie fertig sind, noch einen weiteren Winter reifen müssen“.

Laurent Brusset, Präsident der Appellation Cairanne ergänzt: „In Anbetracht der klimatischen Widrigkeiten haben wir mit keinem großen Ertrag gerechnet, wir waren vor der Ernte eher pessimistisch. Aber die Realität hat unsere Erwartungen übertroffen!Dieser Cairanne-Jahrgang weißt wirklich Qualität auf. Das hat wie jedes Jahr die Natur für uns entschieden! Eine der Freuden unseres Berufs ist, es jedes Jahr mit einem einzigartigen Jahrgang zu tun zu haben. 2021 ist ein Jahrgang des Winzers. Zeitweise mussten spontan Entscheidungen über Erntedaten getroffen werden, die im Vergleich zu klassischen Jahrgängen oft umgekehrt waren. Das erfordert viel Erfahrung und Gefühl. Der neue Jahrgang ist attraktiv durch seine Süffigkeit, seine Eleganz, seinen langen Abgang und seine Finesse. Die Weine sind sehr ausgewogen und weisen eine schöne natürliche Säure auf. Die Farben sind kräftig und stabil. Die Weine sind sehr aromatisch, schmeichelnd und mit einer ziemlich explosiven Fruchtigkeit! Geschmacklich sind die Weine sehr elegant, die Tannine sind schmelzig und seidig“.

Am Westufer der Rhône, in Lirac im Departement Gard, fügt François Miquel, Co-Präsident der Appellation, hinzu: „Es wird ein sehr schöner Jahrgang in der Appellation Lirac, mit frischen Weinen, die einen um 1 bis 1,5° geringeren Alkoholgehalt haben. Dieses Jahr bedeutet für die Appellation eine echte Chance, denn wir haben einen langfristigen Prozess eingeleitet, um ihr Image und ihren Wert zu steigern. Alle drei Farben sind reichlich vorhandenen im Jahrgang 2021, das wird den Markt sicherlich erfreuen.“

Während der Frost im April einen Ertragsrückgang von 40 % befürchten ließ, hatten ein kühlerer Sommer und Regenfälle im September einen positiven Effekt auf die Reben und Beeren.

Denis Guthmuller, Präsident des Allgemeinen Syndikats der Côtes du Rhône, fügt hinzu: „Die Regenfälle haben teilweise unsere Ernteverluste reduziert. Das Jahr 2021 wird als ein schwieriger Jahrgang in Erinnerung bleiben. Sein qualitatives Potenzial ist jedoch vielversprechend. Es hat lange gedauert, bis die Trauben reif waren, aber die Geduld wird belohnt werden und wir verkosten bereits einige sehr schöne Weine“.

Auf Wein-Entdeckerreise gehen…

Apropos „Kannst Du uns bitte xy mitbringen“. Auch bei unserer der letzten Reise durch’s Piemont hatten wir einen kleinen Einkaufszettel mit dabei, denn die Weine vom Weingut Cascina Castlet kommen auch in Wiesbaden gut an. Dazu einen langen Einkaufszettel für die Trüffelmesse in Alba, denn wo gibt es denn sonst den 24-Stunden-Lieferung? Ebenfalls aus dem Elsass bringen wir immer Weine für Freunde mit, lies hier den Bericht zu unserem Abstecher ins Elsass. Wir machen das so gerne und das Leben wäre wirklich viel langweiliger ohne die guten Tipps unserer Freunde und das gegenseitige Mitbringen, Überraschen und gemeinsame Genießen. Im ersten Moment denkt man vielleicht: „Bin ich UPS oder was?!“, weil der Koffer ist irgendwann voll, doch mit dem mitgebrachten Dingen macht man anderen eine Freude und selbst hat man auch soviel Gewinn, denn Neues zu entdecken macht einfach Spaß!

Fotocredit: Karten-Skizze Rhone-Delta von Cotes-du-Rhone