Genuss, Reisen

Fine Dining im Elsass

Restaurant Enfin Barr, Elsass

Ein Restaurantbesuch im ENFIN in Barr

Zuerst dachte ich tatsächlich, mein Navi kennt sich nicht aus, denn die Route führt raus aus Barr, durch ein Wohngebiet, doch dann, steht da ein Schild: Enfin – zu deutsch „endlich“. Ja, auch nach dem Essen muss ich sagen, der Name passt total, denn: Endlich hat mich mal wieder ein Restaurant völligst begeistert.

Enfin – Endlich, unendlich begeistert

Meine Leser wissen: Ich esse gerne und viel und oft und regelmäßig im Restaurant. Mal der einfache Gasthof, mal der Lieblingsitaliener oder auch das Sterne-Restaurant. Das Essen ist meist lecker, sehr lecker, toll, exzellent und klasse. Doch dieses mal wurde ich überrascht.

Das Restaurant Enfin im Elsass ist anders. Schon allein der Service, der Umgang untereinander, das Interior. Es passt hier einfach alles – zu mir, zum Anlass, zum Ort, zum Zeitgeits. Ja, noch heute bin ich etwas sprachlos vor Begeisterung, denn es ist eine neue Art von Restaurant.

Das Menü im Enfin

Restaurant Enfin in Barr, Alsace

Das Menü kommt in einem verschlossenen Umschlag. Es gibt auch nur ein Menü am Abend, für alle Fälle wird man natürlich nach eventuellen Unverträglichkeiten gefragt. Dann kann es losgehen und was kommt ist eine wundervolle Abfolge von Köstlichkeiten, wunderschön angerichtet, fast zu schade zum essen. Mit viel Liebe zubereitet und perfekt serviert. Doch apropos Perfektion, ganz ohne die Steifheit, die man sonst so kennt, sondern jung und unkompliziert, lässig und doch respektvoll, jung und doch nicht jugendlich. Modern und international – schau selbst.

Es ist das Aroma was zählt

Die besondere Zubereitung ist das Besondere. Das hört sich besonders an – ist es auch! Zunächst einmal spielt Gemüse die Hauptrolle, zudem sind die verarbeiteten Lebensmittel alle aus der Region. Es werden immer nur wenige „Gast-Zutaten“ mitverarbeitet. Also vielleicht Olivenöl aus dem Süden von Frankreich, Meereszutaten von der Küste, Gewürze aus dem Orient. Spannend! Eine ähnliche Herangehensweise habe ich bei Faust, dem früheren Küchenchef vom KUNO in Würzburg kennengelernt, denn er hatte die fränkische Küche neu umgesetzt und zum Beispiel keinen Pfeffer verwendet.

Beim Restaurant Enfin scheint der Hauptaspekt auf der Essenz liegt. Selbst wenn ein Fleischgericht serviert wird, geht es nicht um das Stück Fleisch, sondern es bleibt Nebensache und es geht auch hier wieder hauptsächlich um das Aroma. Was einfach immer zählt ist das Geschmackserlebnis.

Der Sinneseindruck einer Bouillabaisse oder eines Osso Bucco – und da fällt mir der Begriff Dekonstruktivismus ein, denn es scheint, als habe man den Geschmack zerlegt in Einzelteile und auf erfrischende Art neu zusammengefasst. Vielleicht damit auch für ein noch intensiveres Erlebnis komprimiert. Wirklich jeder Teller ist eine große Überraschung!

Damit ich auch alle Gerichte aufmerksam erfasse, verzichtete ich zunächst auf die Weinbegleitung, denn Alkohol benebelt ja auch ein bisschen die Sinne und das Essen soll für mich die Hauptrolle spielen. Es folgen viele Teller und jeder ist ein Ereignis und immer wieder bin ich begeistert. Wir bestellen dann doch einen Elsässer Wein, der auch hervorragend durch den restlichen Abend begleitet (Weingut Leipp Leininger aus Barr), denn auch Glasweise wird Wein angeboten, alternativ eine alkoholfreie Auswahl und tatsächlich finde ich das spannend.

Natürlich ergänzt Wein auch das Gericht und so eine Weinbegleitung ist immer wieder eine tolle Möglichkeit, neue Weine und neue Kombinationen zu entdecken – von Orange Wine über Pet Nat bis hin zu feinem Burgunder.

Aroma ist das A & O

Eine vegetarische Bouillabaisse und ich vermisse keinen Fisch, denn die Aromen holen mich in ihren Bann. Ein Gericht, so fein im Geschmack. Ich bin ganz erfüllt davon. Es folgt ein Fleischgericht, das kaum Fleisch enthält und doch so vollmundig begeistert: Osso Bucco Pasta.

Selten so besonders gegessen

Ein Menü mit über 10 Tellern, allesamt wundervoll filigran und hochprofessionell zubereitet. Köstlich im Geschmack und dazu wunderschön präsentiert, der Abend ist voll mit Überraschung und erscheint unendlich.

Restaurant Enfin Barr, Elsass
Die Terrasse ist nur Empfangsbereich, vielleicht für den Aperitif, denn serviert wird das Menü im Inneren.

Das Beste zum Schluss und nein, es ist kein übersüßtes Schokozeug oder gar Nougat. Wie oft musste ich schon bei anderen Locations verschämt das übersüße Dessert zurückgeben oder meiner Tischnachbarin geben. Ganz anders im Enfin. Ich habe mit allem gerechnet, sind wir doch im Elsass (wo gerne mal schwer gegessen wird). Doch, es kommt besser: Fenchel. Wunderbarer Fenchel in fünf verschiedenen Variationen. Traumhaft köstlich und dazu gleichzeitig ein wunderbarer Digestiv. Fenchel kandiert, Fenchel als Baiser usw. denn Fenchel kann so lecker sein und ja, auch Gäste, die meine Leidenschaft für das Kraut nicht teilen, waren von diesem Dessert einfach nur begeistert.

Apropos Digestif. Nach über 10 Tellern noch ein wohliges und nicht überanstrengtes Gefühl im Bauch zu haben ist sowieso magisch (und auch ungewöhnlich für die Region Elsass). Ja, tatsächlich empfinde ich das manchmal als Problem, wenn ein Menü einfach „too much ist“, nicht jedoch hier. Auch meine Geschmacksnerven sind wach und gar nicht überanstrengt, denn auch so etwas macht für mich ein exzellentes Sterne-Essen aus.

Nicht nur Gault Millau ist hocherfreut

Traumhafte Location: Die offene Küche lässt uns den Köchen über die Schulter blicken und es macht einfach nur Spaß. Ein hochmotiviertes Dream-Team, der Service hochprofessionell und lässig gleichzeitig, sehr sympathisch. Küchenchef Lucas Engel (ex-Auberge Frankenbourg) begeistert mit seinem jungen Team, die Weinempfehlung vom Service ist perfekt und allesamt spürt man großen Enthusiasmus. Mit der Location hat die Inhaberin und Sommelier Carole Eckert (ex-Comtoir à manger, Straßbourg) eine exzellente Wahl getroffen: Das historische Gebäude einer ehemaligen Schuh-Fabrik, später Schreinerei, wurde komplett entkernt und behutsam renoviert und die Innenarchitekten haben es toll umgesetzt: Ein großer Raum mit Tischen für knapp 30 Personen, dazu eine offene Küche, schöne, warmtonige Materialen. Das Ergebnis ist modern und gemütlich zugleich und auch der Schall wird perfekt absorbiert und es fühlt sich angenehm an. Draußen lodert ein Feuer, es gibt Kräuterbeete und auch zuhause würde ich mich nicht wohler fühlen.

Gault Millau war auch schon mal da und hat das neue Restaurant direkt mit einer Empfehlung ausgezeichnet. Kein Wunder, dass ich bald wieder hin möchte.

KONTAKT:

Restaurant Enfin
2 Chem. du Château d’Andlau, 67140 Barr
T. +33 (0) 3 69 61 37 30 / www.enfin-barr.com (nur mit Reservierung).